Es folgt ein Briefwechsel zweier Herren
26.05.2018, Wien
— Unter der Sonne der Toskana —
Lieber Benedito,
was soll ich dazu noch sagen? Die heimsuchenden Winterdepressionen haben wohl auch vor dir nicht halt gemacht, doch mach´ dir keine Sorge, mein kerngeölter Freund, für etwaige Eseleien wird das Zeitfenster stets einen Spalt weit offen gelassen.
Dieser Brief ist in drei flotte Teile geteilt und jedem Teil ist ein Lied aus dem wunderschönen Film "Chocolat" beigefügt, welchem deine ungeteilte Aufmerksamkeit während des Lesens gebühren sollte. Du musst allerdings äußerst langsam lesen, damit sich das alles ausgeht. Sieh es als meinen letzten Willen und reiß dich also etwas zusammen. Danke.
Teil 1 (Minor Swing)
Der Sommer naht und ich spüre wie sich der viennale Wind in der Schulgasse 32 dreht. Wenn wir diesen sporadisch geführten Briefwechsel jedoch aufrecht erhalten wollen, sollten wir uns schleunigst den Altschnee von des Schusters Schuhen klopfen und frischen Bärlauch pflücken gehen, um neuen Stoff für würdige Geschichten sammeln zu können.
Da wir den Schritt gewagt haben uns den Bestimmungen einer offenen Gesellschaft unter zu ordnen, reicht es allerdings auch langsam mit den Tagträumen. Wir müssen anfangen die Dinge beim Namen zu nennen und der Gegenwart mehr Anwesenheit gewähren. Das heißt, dass ich gegenwärtig auf dem Weg in das ländliche Italien bin und nenne dies sogleich den Beginn meines ersten offiziellen Testaments. Es erscheint mir sinnvoll derart Drängendes auf einer Zugfahrt zu erledigen, da ich unter diesen holprigen Umständen ohnehin keinen Schlaf finden werde.
Teil 2 (Ashes To The Wind)
Ein Testament
von Fabian Schmidmair an Benedikt Missmann
Unter der Sonne der Toskana
Im Falle dessen, dass ich nicht zurückkehren sollte, möchte ich folgendes Wortgeschwür hinterlassen:
Sei es aus dem Grund, dass ich mich lebenslänglich in einer Trattoria verschulde oder mein Leben damit beende, dem Sensenmann unachtsamerweise in die Arme zu laufen, in beiden Fällen möchte ich dir, lieber Benedikt, meinen Film 2015 vermachen, da ich weiß, wieviel er dir bedeutet. "Men and Chicken" ist momentan nicht in meinem Regal und es ist leider unklar, wer ihn sich ausgeliehen hat, doch bestimmt wirst du den Übeltäter ausfindig machen und einfordern was dir rechtmäßig zusteht. Andererseits hast du meine "Drei Herren" bereits zu meinen Lebzeiten überstürzt aus den Händen gegeben, somit wären wir damit wieder quitt.
Dem kleinen Jakob sollst du noch das Geschenk fertig basteln, dass wir ihm demnächst feierlich übergeben wollten. Er soll schließlich nicht denken, dass wir nicht an ihn gedacht haben. Vielleicht streichelst du ihm dabei auch kurz über den Kopf, aber nur wenn es die Situation erfordert.
Da ich meine Hände noch ordentlich rein gewaschen habe in den sich annähernden Projekttöpfen, solltest du keine Schwierigkeiten haben, zumindest dieses Jahr noch über die Runden zu kommen. Gib all jenen, die es verdient haben, einen Kuss von mir und halte immer Ausschau gen Süden, vielleicht kommt ja was.
Sei stets aufrichtig, doch versuche zumindest etwas Gewinn aus der gemeinsam angeschafften Nebelmaschine reinzubekommen. Den Rest meines Reichtums an Utensilien teilst du bitte gerecht unter meinen Freunden und Verwandten auf. Sollte dies ein zu aufwendiges Unterfangen werden, kannst du aber auch alles einfach meinen Eltern überlassen. Ich denke aufgrund der liebevollen Erziehung und der 0 von 100 Schlägen, die ich bekommen habe, ist das nur fair und fast schon angebracht. Lass aber etwas für meine zurückbleibende Mitbewohnerin übrig, da ihre Küche sonst recht leer erscheint.
Teil 3 (Party Preparations)
Nun denn, ich merke gerade, dass es gar nicht so leicht ist ein Testament zu beenden, da die wirklich guten Einfälle eben erst eintrudeln und mein Zug gleich halt macht. Und mach hier ja keinen Aufstand wegen der Rechtschreibung, ich kann mich schließlich nicht immer um alles kümmern. Es folgt also ein Punkt; Gönn´ dir und leb´ wohl.
Ciao,
dein Fabrizzo
-original Gangster-